Fides Becker

Mittwoch, 16. Mai 2018, 20:30 Uhr






Fides Becker |  Fensterladenringe | Acryl und Eitempera auf Leinwand | 28 x 35 cm | 2017 |



Kern meiner Auseinandersetzungen ist in allen Werkserien, die Identität als Wechselwirkung zwischen dem Eigenen und den Einflüssen von außen. Damit knüpfe ich an Ikonografien der westlichen Bildkultur an und beteilige mich an aktuellen soziokulturellen Diskursen. Mit meiner künstlerischen Arbeit mache ich intrapsychische Vorgänge in der Reflexion gesellschaftlicher Prozesse sichtbar und veranschauliche die unauflösbare Wechselwirkung. In der fragmentarischen Arbeitsweise der Gleichzeitigkeit stelle ich verschiedenen medialen Bilderwelten authentische Unikate gegenüber, wofür ich kontinuierlich neue malerische Strategien entwickle. Dabei transportiere ich die traditionellen Techniken der Fresko- und der Schichtenmalerei in eine zeitgemäße Methode. Das Handwerkliche stellt eine Verbindung zum Ursprünglichen her.

Derzeit beschäftige ich mich mit gesellschaftlich konnotierten Gegenständen, Räumen und Landschaften und mit der Durchdringung von Zeit und Raum, wie es die Werkgruppen „Mitternachtsblau“[1], „Die Belle Étage“[2] und „Vermächtnisse“[3] sowie auch die raumbezogenen Wandmalereien zum Ausdruck bringen – u.a. „Der Spiegelsaal“[4] im Nassauischen Kunstverein in Wiesbaden und in der Kunsthalle Mainz, „Der Blick auf zwei Monde“[5] im Arp Museum Bahnhof Rolandseck sowie die „Landpartie“[6] im denkmalgeschützten Jagd- und Lustschlösschen der Grafschaft Faber zu Castell „Appelhof“ und zuletzt „Transit“[7] in einer Kutschendurchfahrt im vormals jüdischen Viertel Berlin-Mitte.[8]  

Bei der empirischen kulturanthropologischen Erforschung gesellschaftlich konnotierter Gegenstände, Räume und Landschaften interessieren mich die Spuren vergangener Epochen, die für mich etwas Geheimnisvolles haben, eine morbide Romantik. Menschen sind auf meinen Bildern nicht sichtbar, aber die Gegenstände und Räume vibrieren scheinbar noch von ihrer Anwesenheit. Dabei reflektiere ich, dass die Dinge unabhängig von ihrer Funktion eine Bedeutung für uns haben und dass sie manchmal auch fetischisiert werden. Die einzelnen Motive löse ich aus ihrem natürlichen Zusammenhang heraus und füge sie in einen anderen, körperhaft illusionistischen, Raumzusammenhang ein. Zusätzlich lade ich sie psychologisch mit menschlichen Gefühlen auf wie Sehnsucht, Begehren, Leidenschaft sowie Lust und Angst. Dadurch erhalten sie etwas Organisches, Wesenhaftes, eine individuelle Geschichte und manchmal auch eine ambivalente Bedeutung. Durch die Erotisierung löse ich die Grenze zwischen dem Privaten und dem Öffentlichen auf und mache Intimes sichtbar. Indem ich eine Verbindung der Gegenstände mit subjektiven Empfindungen herstelle, greife ich sie gleichzeitig aus dem kollektiven Bewusstsein heraus und gebe ihnen eine neue eigen-ständige Identität.[9]

Text: Fides Becker, 2018


www.fides-becker.de






[1] http://www.fides-becker.de/midnightblue/overview.php
[7] http://www.fides-becker.de/transit/overview.php
[8] In meiner vorliegenden Dokumentation habe ich mich für die älteren Beispiele „Der Blick auf zwei Monde“ und „Spiegelsaal“  entschieden, weil sie mein Anliegen der raumgreifenden ortspezifischen Malerei durch das Wechselspiel des Ortes mit dem illusionistischen Motiven stärker zum Ausdruck bringen, wie die jüngeren Wandmalereien, bei denen mich kuratorische und denkmalschutzpflichtige Vorgaben bei der Ausführung hand-werklich und inhaltlich eingeschränkt haben.
[9] Abb. 1-7