Fides Becker | Fensterladenringe | Acryl und Eitempera auf Leinwand | 28 x 35 cm | 2017 |
Kern meiner Auseinandersetzungen ist in allen Werkserien, die
Identität als Wechselwirkung zwischen dem Eigenen und den Einflüssen von außen.
Damit knüpfe ich an Ikonografien der westlichen Bildkultur an und beteilige
mich an aktuellen soziokulturellen Diskursen. Mit meiner künstlerischen Arbeit
mache ich intrapsychische Vorgänge in der Reflexion gesellschaftlicher Prozesse
sichtbar und veranschauliche die unauflösbare Wechselwirkung. In der
fragmentarischen Arbeitsweise der Gleichzeitigkeit stelle ich verschiedenen
medialen Bilderwelten authentische Unikate gegenüber, wofür ich kontinuierlich
neue malerische Strategien entwickle. Dabei transportiere ich die
traditionellen Techniken der Fresko- und der Schichtenmalerei in eine
zeitgemäße Methode. Das Handwerkliche stellt eine Verbindung zum Ursprünglichen
her.
Derzeit beschäftige ich mich mit gesellschaftlich
konnotierten Gegenständen, Räumen und Landschaften und mit der Durchdringung
von Zeit und Raum, wie es die Werkgruppen „Mitternachtsblau“[1], „Die Belle Étage“[2]
und „Vermächtnisse“[3]
sowie auch die raumbezogenen Wandmalereien zum Ausdruck bringen – u.a. „Der
Spiegelsaal“[4] im
Nassauischen Kunstverein in Wiesbaden und in der Kunsthalle Mainz, „Der Blick
auf zwei Monde“[5] im
Arp Museum Bahnhof Rolandseck sowie die „Landpartie“[6]
im denkmalgeschützten Jagd- und Lustschlösschen der Grafschaft Faber zu Castell
„Appelhof“ und zuletzt „Transit“[7]
in einer Kutschendurchfahrt im vormals jüdischen Viertel Berlin-Mitte.[8]
Bei der empirischen kulturanthropologischen Erforschung
gesellschaftlich konnotierter Gegenstände, Räume und Landschaften interessieren
mich die Spuren vergangener Epochen, die für mich etwas Geheimnisvolles haben,
eine morbide Romantik. Menschen sind auf meinen Bildern nicht sichtbar, aber
die Gegenstände und Räume vibrieren scheinbar noch von ihrer Anwesenheit. Dabei
reflektiere ich, dass die Dinge unabhängig von ihrer Funktion eine Bedeutung
für uns haben und dass sie manchmal auch fetischisiert werden. Die einzelnen
Motive löse ich aus ihrem natürlichen Zusammenhang heraus und füge sie in einen
anderen, körperhaft illusionistischen, Raumzusammenhang ein. Zusätzlich lade
ich sie psychologisch mit menschlichen Gefühlen auf wie Sehnsucht, Begehren,
Leidenschaft sowie Lust und Angst. Dadurch erhalten sie etwas Organisches,
Wesenhaftes, eine individuelle Geschichte und manchmal auch eine ambivalente
Bedeutung. Durch die Erotisierung löse ich die Grenze zwischen dem Privaten und
dem Öffentlichen auf und mache Intimes sichtbar. Indem ich eine Verbindung der
Gegenstände mit subjektiven Empfindungen herstelle, greife ich sie gleichzeitig
aus dem kollektiven Bewusstsein heraus und gebe ihnen eine neue eigen-ständige
Identität.[9]
Text: Fides Becker, 2018
www.fides-becker.de
[1] http://www.fides-becker.de/midnightblue/overview.php
[7] http://www.fides-becker.de/transit/overview.php
[8] In meiner vorliegenden Dokumentation habe ich mich für die älteren
Beispiele „Der Blick auf zwei Monde“ und „Spiegelsaal“ entschieden, weil sie mein Anliegen der
raumgreifenden ortspezifischen Malerei durch das Wechselspiel des Ortes mit dem
illusionistischen Motiven stärker zum Ausdruck bringen, wie die jüngeren
Wandmalereien, bei denen mich kuratorische und denkmalschutzpflichtige Vorgaben
bei der Ausführung hand-werklich und inhaltlich eingeschränkt haben.
[9] Abb. 1-7