Benedikt Terwiel

Mittwoch, 21. März 2018, 20:00 Uhr








Meine Arbeit ist maßgeblich von den Eindrücken aus meinen mehrwöchigen Wanderungen geprägt, die ich in den vergangenen Jahren durch Europa unternahm, um Fragen zur Repräsentation der (Stadt-) Landschaft im Bild, ihrer Geschichtlichkeit sowie den Methoden ihrer technischen und kulturgeschichtlichen Aneignung nachzugehen.
Die Konzeption und Darstellungsweise von Karten, die – obwohl stark abstrahiert und standardisiert – immer auch die konkrete Sicht ihres Autors wiedergeben und so direkt oder indirekt bestimmte politische und kulturelle Absichten befördern, während sie zugleich in ihrer Funktion als Werkzeug in fast jedem Aspekt heutigen Lebens präsent sind, wurden ein zentraler Gegenstand meiner künstlerischen Arbeit und haben mein Verständnis von Bildern seitdem nachhaltig geprägt.



Für „Teeverpackung 2009“ beispielsweise nutzte ich Methoden der Landvermessung, um die Miniaturtopographie einer zerknitterten Teebeutelverpackung im Atelier rasterförmig zu vermessen, und sie dann in die von den Landvermessern bestimmte topographische Oberfläche Berlins einzufügen, so dass von jedem kartographierten Punkt weltweit ein geographischer Bezug auf meinen Tisch und die Oberfläche der Verpackung hergestellt werden kann. Oder die Arbeit „Annis Imbiss“, bei der ich, quasi als negative Kartierung, über Jahre das langsame Verschwinden des Grundrisses einer Berliner Imbissbude aus dem Straßenpflaster dokumentiere, dessen Spuren schrittweise durch wiederholte bauliche Veränderungen der unmittelbaren Umgebung getilgt werden.



Speziell in den letzten Jahren entwickelte sich außerdem eine Serie von Arbeiten, bei denen ich Oberflächen meiner Umgebung - von Räumen, Möbelstücken oder gefundenen Objekten wie Zeitschriften oder anderen Ephemera - mittels Pigment und Klebeband auf Papier übertrage, um die Choreographien unserer alltäglichen Interaktionen mit dieser Umgebung aufzuzeichnen, und so ein spezifisches und komplexes Feld von Spuren und Handhabungen sichtbar zu machen, das wie ein archäologisches Dokument gelesen werden kann.

Text: Benedikt Terwiel