Franziska Hünig

Mittwoch, 8. November 2017, 20:30 Uhr





Franziska Hünig | Ausstellungsansicht: Thermen am Viehmarkt | Trier | Acryl auf Werbeplanen | 200x300x700cm | 2013 



Meine Arbeit bewegt sich im Spannungsfeld zwischen Kontrolle und Kontrollverlust. Von mir gesteuerte Aktionen wechseln ab mit dem Zulassen der Eigendynamik des Materials. Dieses Thema verhandle ich sowohl beim Auftragen der Farbe als auch bei der Installation der Arbeiten im Raum. Der Arbeitsprozess ist immer ein Nachdenken über Malerei, bei dem ich eine Art „geplanten Zufall“ nutze.

Für meine raumgreifenden Installationen bemale ich die Rückseiten ausrangierter Werbeplanen in einem vorher festgelegten Farbspektrum. Der Farbauftrag variiert von sehr dünner, aquarellhaft fließender Farbe bis zu dichten, reliefartigen Farbsetzungen. Im Malprozess beziehe ich zufällige Strukturen ein, die zum Beispiel entstehen, wenn die Farbe fließt oder mit einer Rakel geschoben wird.

Wie der Farbauftrag folgt auch die Installation der Planen im Ausstellungsraum dem Prinzip der Wechselwirkung zwischen den Eigenschaften des Materials und meinem Eingreifen. Obwohl mein Ziel eine präzise Komposition ist, lasse ich im Arbeitsprozess Zufälle zu, die durch das Fallenlassen, Rollen oder Knüllen der Werbeplanen entstehen oder ich lasse das Material unmittelbar auf den Raum reagieren, indem ich die Planen über architektonische Elemente lege. Die mit Werbung bedruckten Vorderseiten der Werbeplanen beziehe ich in meine Installationen ein. Die gedruckten Bilder sind zufällig gefunden und fragmentarisch, da ich die Planen vor dem Malen zerschneide.

Das raumgreifende Format der Arbeiten ist mir wichtig, weil es die Möglichkeit bietet, den Betrachter emotional, physisch und sinnlich einzubeziehen. Die Malerei bewegt sich aus der Zwei- in die Dreidimensionalität und tritt zum Raum und zum Körper in Beziehung. Die Farbe soll bei der Bewegung durch den Raum gleichzeitig gesehen und physisch wahrgenommen werden.

In meinen Installationen interessiert mich eine Offenheit, die es der Malerei ermöglicht, in Dialog mit der Architektur und dem Betrachter zu treten. Ich greife unmittelbar in die vorgefundene Umgebung ein und reagiere auf die spezifische Beschaffenheit des Raumes. Ziel ist nicht ein endgültiger Bildzustand, sondern die Möglichkeit, beim Begehen der Installation ständig neue Beziehungen herzustellen. Der Betrachter befindet sich im Bild und das Bild verändert sich durch seine Bewegung im Raum.

Parallel zu den raumbezogenen Arbeiten entwickele ich Arbeiten auf Aluminium. Auch bei diesen Arbeiten ist die Balance zwischen den Eigenschaften des Materials und meinem Eingreifen wesentlich. Die bemalten Platten werden von mir gefaltet, geknautscht, gebogen. Dabei habe ich nicht die volle Kontrolle darüber, wie sich das Material verhält. Auch bei diesen Arbeiten wird die Form sowohl durch mich als auch durch das Material bestimmt, unkontrollierbare Aspekte fließen ein.

Franziska Hünig

www.franziskahuenig.net