Sonnenallee 85, 12045 Berlin
"gerade algebra hat ihn immer ungemein gereizt.
ungemein."
2012
s/w-Foto, Stahl, Faden
© kurt von bley & VG Bild-Kunst Bonn, 2012
Der in Berlin lebende
Künstler Kurt von Bley (geb. 1976 in Polen) setzt sich in seinen Arbeiten
intensiv mit dem Thema ‚Identität’, die Suche nach ihr und deren Verlust
auseinander.
Um seine Gedanken und
inneren Bilder auszudrücken, bevorzugt er grundsätzlich die dreidimensionale
Darstellung. So arbeitet er mit objets trouvés, alten (Familien-) Fotos, die im
künstlerischen Prozess in Objekte transformiert werden, sowie Gebrauchs- und
Verbrauchsgegenständen, die ihrer ursprünglichen Funktion beraubt und so
entfremdet werden.
Seine Präferenz,
dreidimensional zu arbeiten und faktisch Greifbares zu erschaffen, rührt
möglicherweise von seiner eigenen Suche nach Identität, von dem Verlangen,
dieses immaterielle Etwas am liebsten haptisch, ganz und gar greifbar vor sich
zu haben.
Neben Objekten und
installativen Arbeiten bildet das fotografische Oeuvre eines der Haupt-Genres
von Bleys. Die hierfür verwendeten Fotos stammen überwiegend aus dem privaten
Familienarchiv. Diese werden ausschließlich manuell unter Anwendung
verschiedener Techniken verändert und manipuliert. Sei es durch an eine Collage
erinnernde Technik des Zusammenfügens von unterschiedlichem Bildmaterial, das
Nähen auf und Besticken von Fotos, das Bekleben, Beschriften oder Bemalen von
Bildteilen oder das Behandeln mit Wachs. Die fotografischen Vorlagen verlassen
meistens die Zweidimensionalität und werden in plastische, fast schon
objekthafte Gebilde transformiert.
Eine zentrale Rolle
in diesem Transformationsprozess spielt das Nähen bzw. Besticken von
Fotografien (eingeschlossen Dia-Negativen) – Tätigkeiten, die unter dem
Sammelbegriff Handarbeiten kulturgeschichtlich gemeinhin eher dem weiblichen
Geschlecht zugeordnet werden. In seinen ‚genähten’ Arbeiten bedient sich Kurt
von Bley dieser Techniken, um visuelle Resultate zu erzielen, die inhaltlich
unterschiedlich konnotiert und interpretierbar sind.
Der
mühsame Versuch, sich eine Identität zu erschaffen, interessiert Kurt von Bley
genauso wie die Frage, wie stabil eine solche neu kreierte Identität sein kann.
So erinnern die gestickten Bilder, in denen die Gesichter oft maskiert,
verändert oder gar ganz versteckt werden, an eine schmerzhafte Suche
nach Identität, die ‚zusammengeflickt’ werden muss. Das Motiv des Fremd-Seins
in einer ethnisch-homogenen Umgebung, das ihm selbst aufgrund seiner Biographie
(geboren in einer deutschstämmigen Familie in Oberschlesien, das seit 1945 zu
Polen gehört) vertraut sein dürfte, des Keine-Stimme-Habens und der daraus oft
resultierenden Anonymität und Alienation ziehen sich wie ein (roter) Faden
nicht nur im übertragenen Sinne durch viele seiner Arbeiten.
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